Arabisch Lernen in El Minya

Montag, 21. September 2015

Liebe Freunde,

wie es hier so manchmal passiert, wurde der Plan für die nächsten Tage spontan geändert. Nach Kairo werde ich nicht fahren, weil die Visumsverlängerung nun hier in El Minya beantragt wird und ich noch für eine unbestimmte Zeit auf ein Interview warten muss.

Auch wenn ich mich auf Kairo gefreut habe und schon mit Freunden dort geplant hatte, gibt es auch Gutes an der jetzigen Situation: Nach eineinhalb Monaten Odyssee bin ich endlich wieder an einem bekannten Ort und weil es hier vor dem Schulstart Ende September keine Aufgabe für mich gibt, kann ich meine komplette Zeit fürs Ägyptisch-Arabisch Lernen nutzen. So kann ich mich auf Armant vorbereiten, wo fast niemand Englisch spricht.

Vor meinem Einsatz habe ich mich schon ein wenig mit Arabisch beschäftigt. Dadurch konnte ich die Schrift ansatzweise lesen und ein paar Floskeln auswendig - allerdings nur auf Hocharabisch. Dass es einen gewaltigen Unterschied zwischen dieser Hochsprache und dem hier gesprochenen ägyptischen Dialekt gibt, durfte ich gleich nach meiner Ankunft erfahren. Leider ist Lernmaterial zu dieser Umgangssprache schwer aufzutreiben. Im Netz gibt es nur ein einziges Sprachprogramm für Ägyptisch-Arabisch, das ich mir letzte Woche schließlich gekauft habe. Die täglichen Stunden von Father Francis für Ida und mich sind eine gute Ergänzung dazu.

Arabisch ist eine harte Nuss. Es ist vollkommen anders, als jede mir bisher begegnete Sprache.
Das liegt nicht nur an der anderen Schrift und Schreibrichtung, sondern auch an fehlender Vokalisierung (es werden nur lange Vokale ausgeschrieben), der vollkommen anderen Grammatik und nicht zuletzt dem Vokabular. Während einem bei den romanischen Sprachen viele Vokabeln gleich bekannt vorkommen, könnten die arabischen Wörter der Fantasie entsprungen sein. So kam es mir jedenfalls anfangs vor, als ich keine Zusammenhänge in der Sprache sah. Langsam kann ich jedoch in neuen Wörtern das arabische Wurzelsystem erkennen: fast jedes Wort ist aus drei Wurzelkonsonanten aufgebaut und gehört zu einer Wortfamilie, deren Mitglieder durch verschiedene Stämme (Veränderungsmuster; z.B. Grundstamm: كتب "kataba": schreiben, VI. Stamm: تكاتب "takátaba": gegenseitig schreiben) gebildet werden.

Dass dieser Blogeintrag bilderlos ist, liegt daran, dass ich in der letzten Woche nur einmal zur Kirche das Jesuitengelände verlassen habe. Diese Ruhe genieße ich nach den ereignisreichen Wochen zuvor. Ein bisschen Abwechslung dürfte diese Woche mit dem höchsten muslimischen Fest, dem Opferfest, bringen.


تحيات مين فلوريان
Euer Flo


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